Freddy Kammies
Bericht aus dem mittendrin 87 (September-November 2024)
Eintauchen in die Mediation
Liebe Leserinnen und Leser,
heute gebe ich euch einen Einblick in einen Teil meiner derzeitigen Arbeit. Ich bin Krisenbeauftragter, aber auch Mediator.
Was ist Mediation?
Mediation hat viele Facetten. Sie ist keine Beratung, kein Mentoring, kein Coaching. Eine Definition von Mediation: Mediation ist ein Prozess, bei dem sich Menschen mit einer unparteiischen und neutralen Person treffen, die ihnen bei der Verhandlung ihrer Differenzen hilft.
Bei meiner Arbeit mit verschiedenen Organisationen habe ich festgestellt, dass wir alle eine „kulturelle Brille“ tragen und dazu neigen, verschiedene Situationen entsprechend unserer kulturellen Werte zu interpretieren. Der Westen schätzt Offenheit, Ehrlichkeit und Gerechtigkeit. Es ist wichtig, in jeder Situation die Wahrheit oder den richtigen Standpunkt zu finden. Wenn Unrecht geschehen ist, muss die schuldige Partei ausfindig gemacht und der Gerechtigkeit Genüge getan werden. Bei der Konfliktlösung wird häufig ein direkter, konfrontativer und individueller Ansatz gewählt.
In der nicht-westlichen Welt werden Beziehungen, Ehre und Gruppenharmonie hoch geschätzt. Ein Problem kann als eine gemeinschaftliche Angelegenheit betrachtet werden. Der Einzelne darf nicht herausgegriffen oder identifiziert werden, wenn dadurch die Harmonie der Gruppe oder die Ehre des Einzelnen gewahrt werden kann.
Mit viel Fingerspitzengefühl und Sanftmut wird versucht, die „Würde“ des Betroffenen zu retten. In diesen Kulturen ist es das Schlimmste, was ein Mensch tun kann, wenn ein anderer beschämt wird, sein Gesicht verliert oder entehrt wird.
Wie gehe ich bei meiner Mediation vor?
1. Konfliktsituation
Wir sind nicht im Himmel, deshalb wird es immer Konflikte auf allen Ebenen geben. Wenn ich eine Anfrage erhalte, dass es eine Konfliktsituation gibt, spreche ich zuerst mit den Personen, die mich gebeten haben, in der Situation tätig zu werden. Für den Gesprächsprozess sollte ein neutraler Ort bestimmt werden. Ich machen mir Notizen darüber, was jede Person gesagt hat - abgestimmt mit den Beteiligten. Ich betone das Thema Vertraulichkeit. Wenn ich alle oder einige der am Prozess beteiligten Personen kenne, frage ich, ob es in Ordnung ist, wenn ich die Mediation durchführe, und stelle sicher, dass sie wissen, dass ich neutral sein werde. Zeit und Ort werden besprochen. Dann vereinbaren wir einen Termin für die erste Mediation. Ich mache auch sehr deutlich, dass ich nicht die Gott-Karte ausspiele, da es bei der Mediation nicht um Gott geht. Ich werde dann einen Vertrag aufsetzen, den alle unterschreiben müssen, bevor wir beginnen. Es wird auch ein Vertrag mit der Person, die mich kontaktiert hat, aufgesetzt. Dieser Prozess wird sich unterscheiden, wenn die Mediation verschiedene Gruppen oder Menschen aus verschiedenen Ländern oder Kontinenten betrifft.
2. Individuelle Erfahrungen und wechselnde Perspektiven
Es ist wichtig, dass alle Personen ohne Unterbrechung sagen können, wie sie das Ereignis erlebt haben. Ich vergewissere mich noch einmal, dass ich verstehe, was sie sagen, und schreibe einige Schlüsselwörter auf ein Flipchart. Alle Wörter werden gruppiert, die eine ähnliche Bedeutung haben. Im Anschluss entscheiden wir, welches der Themen wir diskutieren wollen.
3. Bedürfnisse
Da ich mit so vielen Menschen aus verschiedenen Kulturen und mit unterschiedlichem Hintergrund zu tun habe, sehe ich viele unterschiedliche Bedürfnisse. Als Mediator ist es wichtig, die Bedürfnisse aller zu berücksichtigen. Wenn die eine Seite die Bedürfnisse der anderen Seite nicht verstehen oder sehen kann, ist ein ganz anderer Prozess erforderlich. Für diesen Prozess ist dieses Artikelformat zu kurz.
4. Vereinbarungen
Zunächst setze ich ein Vereinbarungsdokument auf. Ich gebe jedem eine Kopie und lasse sie es durchlesen. Im Anschluss lese ich es allen langsam vor. Sie können mich jederzeit unterbrechen, wenn sie nicht verstehen, was in der Vereinbarung steht. Jeder unterschreibt das Dokument. Ich schreibe einen Bericht an diejenigen, die die Mediation beantragt haben.
5. Umsetzung
Ich bereite ein Treffen mit allen Parteien vor, einschließlich derjenigen, die mich mit der Mediation beauftragt haben, und wir erstellen einen Fahrplan für die nächsten Schritte. Leider muss man sagen, dass nicht jede Mediation erfolgreich ist und manchmal weitere Schritte notwendig sind.
Dies ist nur eine kurze Einführung, wie ich eine Mediation durchführen würde. Ich hoffe, es war hilfreich für euch, um ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, wie Mediation funktioniert.
Doris Kammies
Abschied
Der CVJM Wilferdingen trauert mit ihrem Mann Freddy und ihrer Familie um Doris
Kammies. Sie durfte nach langer Krankheit am 28.12.2023 zu ihrem Herrn Jesus Christus
heimgehen. Gemeinsam mit Freddy war Doris fast 40 Jahre lang als
Außendienstmitarbeiterin von CVJM und Kirchengemeinde Wilferdingen in der Mission
tätig. Aber auch in Wilferdingen selbst hat sie Menschen geprägt und durch ihre Arbeit
Spuren hinterlassen. Bei aller Trauer kann uns die Gewissheit trösten, dass Doris am Ziel
ihres Lebens, bei Jesus angekommen ist und nun keine Schmerzen mehr ertragen muss.